Rita Gubser hat ein Herz für Jugendliche mit Schwierigkeiten. Auch sie hatte keine einfache Kindheit. «Ich musste kämpfen, zog früh zuhause aus», sagt sie. Deshalb konnte sie sich gut in die jungen Frauen und Männer einfühlen, die wenig motiviert im vergangenen Sommer in ihr Klassenzimmer geschlurft sind. Alle hatten nach der 3. Oberstufe keine Lehrstelle gefunden und sich für ein zehntes Schuljahr angemeldet. Im Lehrvorbereitungsjahr der Migros absolvierten sie ein Praktikum bei einem Migros-Betrieb und drückten zwei Tage pro Woche die Schulbank.
«Anfangs sagte niemand einen Ton», erzählt Rita Gubser. «Die 11 Jugendlichen mit 11 Nationalitäten waren abgelöscht und unsicher.» Sie hat sie sehr ernst genommen, ist ihnen auf Augenhöhe begegnet und hat schnell gemerkt, wer was gut macht. Und ihnen das dann auch gesagt. «So fassten sie mit der Zeit Vertrauen.»
Jeweils am Montag und Dienstag waren die Jugendlichen im Schulzimmer der Fachschule Viventa. Den Schulstoff hat Rita Gubser bestimmt. Sie hat versucht, Wissenslücken mit Themen zu verknüpfen, welche die Jugendlichen interessieren. So ging es unter anderem darum, Budgets zu erstellen und Kaufverträge zu verstehen.
Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, diskutierte die Klasse zum selbst gewählten Thema «Stell dir vor, der Krieg wäre hier.» Rita Gubser war beeindruckt, wie intensiv die Jugendlichen das Thema bearbeiteten.
Haperte es bei der Motivation, ging sie individuell auf ihre Schülerinnen und Schüler ein. Dem Fussballer beispielsweise sagte sie: «Du wärst im Klub nicht dort, wo du jetzt bist, ohne hart trainiert zu haben.» Das kam an.
Die meisten ihrer Schützlinge konnten bereits einen Lehrvertrag bei einem Unternehmen der Migros unterschreiben und erholen sich jetzt in den Sommerferien von einem intensiven Jahr. Sie selbst ist etwas wehmütig, denkt aber gern an die vielen kleinen und grossen Erfolge zurück. Ihren Schützlingen wünscht sie, dass sie neugierig und interessiert bleiben. Sie ist überzeugt: «Sie werden das, was kommt, packen.»
Von Monica Müller